JuAr Basel ist auch ein Ausbildungsort. Die solide und tiefgehende Praxiserfahrung, die unsere Organisation Praktikanten*innen, Studierenden, Lernenden ermöglichen kann, stösst schon seit langer Zeit auf rege Nachfrage. Die Liste der Leute, die bei der JuAr Basel/BFA eine Ausbildung absolviert haben, ist lang. Dies ist der zweite Teil einer Serie, die unseren Newsletter für einige Zeit begleiten soll, wir fragen Leute, die bei uns in die Jugendarbeit eingestiegen sind, nach ihrer heutigen Tätigkeit.
Sie hat zunächst das KV abgeschlossen, hat bei SWISS in der Lehrlingsabteilung gewirkt und bei JuAr Basel ihre Erstausbildung im Bereich der Sozialpädagogik mit Schwerpunkt Jugendarbeit & Soziokultur gemacht. Sie hat bei uns im Badhuesli Jugend & Kultur St. Johann den Betrieb des Offenen Treffs mit in die Hand genommen, ideenreich, engagiert, geschickt im Aufziehen von Projekten. Marinas Arbeitsweise war immer inspiriert, mitreissend, konzeptstark. Als sie uns verlassen hat, war dies ein Verlust für unsere Organisation. Doch es war auch kein Wunder, bei einer Frau, die ihre beruflichen Interessen folgendermassen beschreibt: Jugend- & Kulturarbeit, Reisen, Tourismus, Sprachen und Kulturen. Eins ist sicher: Stagnieren ist nichts, für Marina Peter. «In Basel geniesst die Offene Jugendarbeit eine privilegierte Stellung, das ist mir hier in Südtirol schnell bewusst geworden. In Schweizer Städten ist vieles schon da, vieles schon lange gegeben. Das ist hier anders, hier hat man mehr Spielraum, kann man mehr gestalten», erklärt sie. Die Dachorganisation netz, für die Martina nun arbeitet, hat 53 Trägerschaften, umfasst Jugendvereine, Jugendgruppen, Jugendzentren, die gesamten Einrichtungen der Offenen Jugendarbeit in der Region Südtirol.
Man könnte sich Marina, wenn man sie kennt, bestens auf einem anderen Kontinent vorstellen, in einem verrückten Projekt. Wie ist sie ausgerechnet in Bozen gelandet, der Hauptstadt Südtirols, einem der grossen städtischen Zentren des Alpenraums, mit 100’000 Einwohnenden und einem grossen ländlichen Einzugsgebiet? Südtirol ist ja Teil der autonomen Region Bozen-Trentino, der nördlichsten Provinz Italiens, es ist bikulturell: Deutsch stösst hier auf Italienisch – und erzeugt einen Dialekt, den man erst mal verstehen muss. Und dieses Südtirol ist ja gar nicht so weit von der Schweiz entfernt… Marina: «Ich habe im Kinderbüro Basel gearbeitet, habe unter anderem das Projekt KinderMitWirkung (Kinderparlament) mitgeleitet, war in verschiedene Projekte involviert – und wollte eigentlich eine lange Reise durch Südamerika antreten. Dort wollte ich mein Spanisch verbessern und – wer weiss – vielleicht sogar etwas arbeiten. Dann ist Covid gekommen. Und ich habe damit angefangen, Stellen in Italien zu googeln, wo meine familiären Wurzeln liegen, wo ich einen Teil meiner Kindheit verbrachte.» Allerlei Städte oder Regionen hätten ihr dabei vorgeschwebt. Südtirol war nicht darunter.
«Aber da war dann plötzlich diese Ausschreibung», so Marina, «…der Job beinhaltete Aufbau und Entwicklung dieser neuen Fachstelle. In Italien arbeiten, Neues lernen, in einem zweisprachigen Umfeld, das hat mich mega gereizt. Ich habe mich also beworben, wurde angestellt.» Sie ist dann mitten im Lockdown, der ja an ihrem neuen Arbeitsort besonders streng war, mit einer Sonderbewilligung nach Italien eingereist und hat die Stelle angetreten. Marina: «Ich war auf Zweisprachigkeit vorbereitet, den Dialekt hatte ich allerdings nicht auf dem Schirm. Das ist wie eine dritte Sprache, mit der musste ich erst mal klarkommen.» Der Anfang war nicht einfach, es war ganz schwierig, neue Kontakte aufzubauen, ein Netzwerk zu pflegen und zu erweitern. Inzwischen aber ist Marina voll in der Materie drin.
Die Ausgangslage, von der Marina berichtet, ist eine ganz andere als jene in Basel: «In den Schweizer Städten sind die Angebote der Offenen Jugendarbeit ja von Migrant*innenkids geprägt. Hier ist das noch kein so grosses Thema. Migration findet grösstenteils im Lande selber statt (Süden – Norden von Italien) und somit ist die grösste Herausforderung die Zusammenarbeit zwischen deutsch- und italienisch- sprachiger Jugendarbeit.
«Die Jugendlichen untereinander in den Städten – allerdings dominiert die ländliche Offene Jugendarbeit das Feld – begegnen Menschen aus anderen Kulturen sehr offen. Das hat auch damit zu tun, dass in Südtirol zwei Kulturen das Zusammenleben gelernt haben. Hier sind die Leute geübt im Brückenschlagen, zwischen unterschiedlichen Lebensphilosophien, Eigenarten, Auffassungen. Das heisst aber immer noch, dass es viel Arbeit braucht, wenn diese Brücken auch halten sollen. Diese tolerante Haltung, diesen Blick über den Tellerrand hinaus, vermitteln unsere beruflichen Jugendarbeitenden auch den Jugendlichen. Als ich angefangen habe, galt es, eine Teamkultur aufzubauen, mit einer Gruppe von Leuten, die über ein grosses Gebiet verteilt sind. Während des Lockdowns musste der Austausch digital stattfinden. Die Jugendlichen, die hier auf dem Land wohnen, waren in dieser Zeit übrigens extrem isoliert, haben stark gelitten, das war schon eine heftigere Situation als in der Stadt.»
Ansonsten hat Marina gut im netz angefangen, sie hat einen Vertrauensvorschuss genossen, ihre Aussensicht und ihr systemischer Blick seien hochwillkommen gewesen. Teambildung, Rollenverteilung, fliessende Zusammenarbeit, Workshops und Austausch zu Themen wie Kinderrechte, Gender, Gewalt, Alkohol, digitale Mittel in der Offenen Jugendarbeit und viele andere Themen bilden nun Marina Peters weiten Arbeitshorizont. Sie sagt: «Mir gefallen der Drive und die Energie hier. Ich habe mich langsam eingelebt.»
Einzugsgebiet und Angebote der Organisation netz im Südtirol
Jugendarbeit während Corona, Marina und zwei andere Leute vom netz