Newsletter Herbst 2023 – Vorwort

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Unsere Jugendlichen sind digital-international

Liebe Leserinnen, liebe Leser

Liebe Freundinnen und Freunde von JuAr Basel

Liebe Alle

Nun haben Sie also den Newsletter von JuAr Basel erhalten, während in der Stadt die Herbstmesse aufgebaut wird, das Laub von den Bäumen fällt, heisse Marroni und Kürbissuppe auf dem Menu stehen. Vielleicht gehören Sie auch zu denjenigen, die sich fragen, ob Halloween wirklich ein angemessener Brauch für unsere Region ist. Hatten wir früher nicht «Räbliechtli»-Umzüge statt jenen grinsenden orangen Kürbislaternen?

Doch internationales Brauchtum setzt sich seit vielen Jahren überall durch: Valentinstag wird auch in Johannesburg gefeiert, das Oktoberfest-Bierfass wird auch in Chiang Mai angezapft. Und die Kinder ziehen halt auch am Rheinknie an Halloween um die Häuser, mit schaurigen Kostümen und grossen Taschen für erbettelte Süssigkeiten.

In der digitalen Parallelwelt

Warum erzähle ich das? Weil sich die meisten Jugendlichen diese Fragen gar nicht stellen. Durch ihre Handys und Tablets stehen sie permanent mit der ganzen Welt in Verbindung, sie sind digital-international. In der digitalen Parallelwelt wird Halloween seit anfangs Oktober auf allen Ebenen angeheizt und beworben. Dies hat natürlich auch eine Entsprechung in der analogen Welt. Viele der Jugendzentren unserer Organisation machen eine Halloweenparty, genauso selbstverständlich, wie sie mit den Jugendlichen an die Basler Herbstmesse gehen. Unsere Bräuche teilen sich den Markt inzwischen ganz selbstverständlich mit dem internationalen Brauchtum, kein Wunder, hat die Manor einen auffälligen Halloween-Shop installiert, aber – keine Sorge – Magenbrot ist ebenfalls im Sortiment.

Während wir in den 1970er Jahren als Teenies sehnsüchtig auf die «Bravo» gewartet haben, um einmal im Monat zu erfahren, was unsere Stars so treiben, erfährt die Jugend von 2023 beinahe in Echtzeit, was ihre Prominenz sagt und tut (ob es dann auch noch wahr war bzw. ist, darf man in beiden Fällen bezweifeln).

Das Handy-Display ist zu einer zweiten Netzhaut geworden. Der Informationsfluss rast ja beinahe schon in Lichtgeschwindigkeit um den Globus, 24 Stunden am Tag. Das hat es in der Menschheitsgeschichte noch nie gegeben. Und die Jugendlichen sitzen in diesem Welttheater in der vordersten Reihe.

Überall wird digital aufgerüstet, beim Staat, in der Privatwirtschaft, radikal und kostenintensiv. Aber was ist mit der Offenen Jugendarbeit?

Zögerliche Geldgeber

Unsere staatlichen Geldgeber sind noch sehr zögerlich mit Mitteln für digitale Jugendarbeit. Die Jugendapp Basel, an deren Entwicklung und Umsetzung JuAr Basel beteiligt war, hatte einen schweren Start und nun ist die weiterführende Finanzierung nicht gesichtert. Unsere Organisation kann sich gerade mal einige wenige Stellenprozente für den digitalen Fachbereich leisten. Ansonsten werden wir darauf verwiesen, dass die digitale Jugendarbeit einfach mit den Stellenprozenten geleistet werden solle, die wir haben.

Stellen Sie sich das einmal vor: Sie sind Teil des dreiköpfigen Teams des Jugendzentrums Eglisee. Zwei Mitarbeitende haben Dienst, 70 bis 80 Jugendliche sind auf der Anlage, unterschiedliche Gruppen, ganz verschiedene Charaktere, einige wollen unbedingt mit einem Team-Mitglied reden, andere spielen am Computer oder an ihren Handys herum, manchmal gibt es Streit, die ganze geballte Jugi-Ladung halt. Und dann soll da noch Zeit für systematisch und professionell betriebene digitale Jugendarbeit übrigbleiben, auf allen Kanälen? Das ist leider ein Ding der Unmöglichkeit.

Mit allen digitalen Wassern gewaschen

Aber wir tun unser Möglichstes. In unserem – unlängst erschienenen – «JuAr Basel Magazin» haben wir ein Interview mit dem Jugendarbeiter Endrit Sadiku veröffentlicht, eine digitale Version des Magazins finden sie auf unserer Homepage (https://bit.ly/495DUUp). Er arbeitet im Team unseres Jugendzentrums Chill Out, gehört zu den Erfindern und Betreibern des Talkshowkanals #jugendlivetalk (Sie können sich die Sendungen auf YouTube ansehen) und ist mit allen digitalen Wassern gewaschen. Er hat nun zusätzlich eine Querschnittaufgabe. Er kümmert sich nämlich um die Social-Media-Auftritte unserer Organisation, informiert und berät unsere Teams zu digitalen Themen, informiert sich selber laufend über Trends und Abgründe im Netz. In unserem Newsletter hat Endrit nun regelmässig eine Kolumne, in der er über Aktuelles aus der digitalen Offenen Jugendarbeit berichtet. In dieser Ausgabe finden Sie seinen ersten Beitrag. Wir freuen uns über diese Zusammenarbeit.

Freud und Leid der Offenen Jugendarbeit

Genauso gefreut haben wir uns über das Fest zum zehnten Geburtstag unserer Jugendarbeit in den Bibliotheken der GGG Stadtbibliothek Basel, das am 21. September stattgefunden hat. Die ernsteren Beiträge dieser Herbstausgabe beschäftigen sich mit der schrecklichen Verschmutzung unseres Jugendzentrums «PurplePark» im Gundeli, verursacht durch einen provisorischen internationalen Busbahnhof, der Situation auf der Dreirosenanlage, die schwierig bleibt, sowie mit unserer Jugendberatung, die sich stets weiterentwickelt, aber eigentlich noch deutlich zulegen müsste, um den Anforderungen der Gegenwart und der Zukunft gewachsen zu sein.

Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen mit diesem Newsletter und einen wunderbaren Herbst. Ich weiss nicht, wie es Ihnen geht, aber wenn draussen die Blätter fallen, habe ich in meiner Freizeit wieder mehr Musse, um drinnen in Büchern zu blättern, anstatt durch digitale Texte zu scrollen.

Mit besten Grüssen

One Love

Christian Platz, Präsident der JuAr Basel

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