Newsletter Winter 2023 – Interview mit Mirjam Rotzler, Co-Geschäftsleiterin von JuAr Basel

Mirjam Rotzler, Co-Geschäftsleiterin von JuAr Basel

«Von Anfang an ist mir das grosse und starke Engagement aller Mitarbeitenden unserer Organisation aufgefallen.»

Seit einem halben Jahr arbeitet Mirjam Rotzler nun als Geschäftsleiterin im Top-Sharing bei JuAr Basel. Zeit für ein Interview. Wir sprechen mit ihr über das Ankommen, über erste Erkenntnisse und Herausforderungen – sowie über die Führung einer derart komplexen Organisation, deren Angebote örtlich weit auseinanderliegen und ganz unterschiedliche Merkmale aufweisen. 

Christian Platz: Du bist jetzt einige Monate bei uns, liebe Mirjam, bald ein halbes Jahr. Wie war das Ankommen bei JuAr Basel für Dich, was hast Du bei uns vorgefunden?

Mirjam Rotzler: Das Ankommen hat für mich eigentlich in dem Moment angefangen, als ich mich für die neue Stelle entschieden und den Vertrag unterzeichnet habe – und es war eine sehr schöne Ankunft. Das war eine lange Phase, ich habe ja schon einige Leute aus der JuAr Basel gekannt, meine Anstellung als Co-Geschäftsleiterin stiess bei ihnen ausschliesslich auf positive Reaktionen. Das war toll. Die Übergangszeit im Sommer mit Albrecht Schönbucher gestaltete sich sehr intensiv. Wir haben uns wirklich viel Zeit genommen. Ich konnte – anhand eines durchgetakteten Plans – in ganz viele Themen eintauchen. Einiges davon war natürlich mehr theoretisch, weil es um Felder ging, die in anderen Phasen des Jahreslaufs auf den Plan rücken. Jetzt kommen mir die Endjahresgeschichten, all die Abrechnungen und die Budgets, real entgegen. Nun bin ich froh um die Informationen, die ich erhalten habe. Von Anfang an ist mir das grosse und starke Engagement der Mitarbeitenden von JuAr Basel aufgefallen. Das ist wirklich aussergewöhnlich. Und diese anfängliche Einschätzung hat sich nur noch vertieft. Das Commitment, das unsere Leute für die Jugendlichen und ihre Anliegen aufbringen, ist hocherfreulich. Das beeindruckt mich.

Nun ist JuAr Basel ja eine Organisation, die über ganz Basel – und natürlich in Birsfelden – verteilt ist. Unserer Angebote weisen ganz unterschiedliche Merkmale auf. Wie nimmst Du das wahr?

Unterschiedliche Merkmale, ja, aber sie alle sind stark vom Charakter, dem Geist und Stil von JuAr Basel geprägt und das ist eine sehr starke Prägung. Sie verstehen sich alle als Teil dieser Organisation. Mädchenarbeit, Kulturarbeit mit Jugendlichen, Jugendberatung, Ferienpass, Tagesstrukturen, die Zusammenarbeit mit der Gemeinde Birsfelden, das ist alles voll integriert, das ist eben schon beeindruckend. Eine derartige Netzwerkorganisation stellt immer einen gewachsenen Organismus dar, in unserem Fall mit einer langen Geschichte im Rücken. Diese Geschichte manifestieren sich in den Abläufen und Methoden von JuAr Basel tagtäglich. Für mich, als die Neuankommende, sind einige dieser Dinge nicht logisch – und dann frage ich nach, warum denn das so sei. Die Antwort «das war immer so», die reicht mir natürlich nicht. Ich denke, dass es da Dinge gibt, die es zu bewahren gilt, aber auch andere, die man mit der Zeit verabschieden muss. Das ist die Chance, wenn eine neue Person ins Spiel kommt, durch die Aussensicht fallen auch Sachen auf, die man von innen her nicht – oder nicht mehr – sieht. Mir wurde von Anfang an warnend gesagt, dass die Angebote von JuAr Basel kleine Königreiche seien, die auch beschützt würden. Und darüber trage ich nun die Gesamtverantwortung, in einer eine sehr vielschichtige Organisation. Das ist schon eine Herausforderung, die ich sehr ernst nehme. Für mich ist es wichtig, dass ich alle Einzelteile sehr gut kennenlerne, aber auch den Blick auf das Gesamte behalten kann.

Gibt es auch schwierige Elemente?

Ja, manchmal bin ich frustriert darüber, dass ich noch nicht alles weiss, noch nicht alle Zusammenhänge verstehe. Aber dann sage ich mir: Hey, das ist ja auch eine hochkomplexe Organisation, es ist absolut folgerichtig, dass es eine gewisse Zeit braucht, um sich da in alle Facetten einzuarbeiten. Ich muss mir diese Zeit geben. Und unsere Mitarbeitenden erlebe ich dabei als sehr hilfreich. Ich muss das Puzzle für mich zusammensetzen.

Wie erlebst Du die Zusammenarbeit mit Deiner Leitungspartnerin Elsbeth Meier?

Das ist eine ganz grosse Bereicherung für mich, dass ich mit ihr zusammenarbeiten darf, wirklich toll. Ich erlebe nun die Vorteile einer Leitung, die aus zwei Personen besteht. Du bist nicht alleine für alles verantwortlich. Ich kann teilen, ich kann nachfragen, ich habe ein Gegenüber, das in der gleichen Lage ist wie ich selber. Ich kann ihr enormes Wissen anzapfen – und herausfinden, was diese Einblicke für mich und für die Zukunft bedeuten. Ich finde diese Zusammenarbeit sehr, sehr schön und bin dankbar.

Elsbeht Meier und Mirjam Rotzler am offiziellen „Willkommenheissen“ von Mirjam Rotzler

Nun, nächstes Jahr wird Elsbeth pensioniert und Du wirst einen neuen Leitungskollegen bekommen, nämlich Marc Moresi, der schon sehr lange bei JuAr Basel arbeitet und zurzeit noch Leiter der Freizeithalle Dreirosen ist. Wie schätzt Du diesen Wechsel ein, der ja erfolgt, wenn Du gerade mal etwas über ein Jahr im Amt bist?

Ich habe Respekt vor dem, was da kommt, aber in einem positiven Sinn. Gleichzeitig freue ich mich nämlich darauf. Der Vorstand hat sich gewiss viele Gedanken über die Besetzung des neuen Leitungsteams gemacht – und deshalb vertraue ich darauf, dass es gut kommt. Wir nehmen uns ja jetzt schon genug Zeit, auch mit Elsbeth zusammen, diesen Wechsel solide vorzubereiten. Wir müssen uns auch im Alltag diese Fragen stellen: Was gleisen wir nun definitiv auf, wo nehmen wir Marc bereits mit rein? Der grösste Druckfaktor ist für mich folgendes Thema: In einem Jahr muss ich alles wissen. Ich kann nicht mehr bei Elsbeth nachfragen, muss den Jahresablauf verinnerlicht haben. Aber dann bin ich ja auch nicht allein, sondern arbeite mit Marc zusammen. Ich bin gespannt, wie wir es machen, wie wir uns die Führungsarbeit aufteilen, was für Einflüsse dies auf die Gesamtkonstellation haben wird. Und natürlich sind alle Mitarbeitenden darauf gespannt, wer von uns welchen Bereich übernehmen wird. Aber darüber können und wollen wir jetzt noch nicht informieren.

Du hast ja nicht nur JuAr Basel, ihre Mitarbeitenden und ihre Vorstandsleute kennengelernt, sondern auch unsere Partnerorganisationen und Möglichmachenden, die Stiftungen, mit denen wir zusammenarbeiten dürfen, unsere Auftragsgebenden vom Erziehungsdepartement, unser politisches Umfeld. Was kannst Du darüber berichten?

JuAr Basel ist eine im Kanton Basel sowie national anerkannte und geachtete Organisation im Bereich der Offenen Jugendarbeit. Von den Medien wird unsere Arbeit beachtet, unsere Themen werden wahr- und ernstgenommen. Ich habe auch bei Treffen mit Leuten, die in den anderen grossen Schweizer Städten Offene Jugendarbeit leiten, gesehen, in welcher Liga wir spielen. Ich weiss – und ich kenne doch einige davon persönlich –, dass viele Leute aus der Politik unsere Arbeit schätzen. Ich merke immer mehr, wie wichtig die JuAr Basel für neue Projekte ist, ich denke etwa an die Jugendapp. Auch die Stiftungen sind uns zum Glück wohlgesonnen, denn wir unterstützen Jugendliche ganz real, mit Mädchenarbeit, Plattformen für Jugendkultur und weiteren Aktivitäten. Ich bin da sehr dankbar, denn die Stiftungsbeiträge finanzieren uns Dinge, welche durch die Finanzhilfe des Kantons nicht abgedeckt sind. Und was die Letztere anbelangt, bin ich noch vorsichtig mit einem Urteil. Generell danke ich aber, dass in der Vergangenheit viel zu viel über Worte und Begrifflichkeiten gestritten und verhandelt wurde, in sehr energieraubenden Verhandlungen. Für mich sieht es so aus: wir nehmen die Bedürfnisse der Jugendlichen auf, ganz direkt, und finden Mittel und Wege, wie wir diesen Bedürfnissen entgegenkommen können, Genreschubladen und Wortklaubereien sind dabei ganz egal. Wir arbeiten schlicht und einfach bedürfnisgerecht und entsprechend den Realitäten, die wir antreffen. 

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