Newsletter Winter 2023 – Adventsgrüsse von JuAr Basel

«Ich werde an Weihnachten nach Hause kommen. Wir alle tun das oder sollten es tun. Wir alle kommen heim oder sollten heimkommen. Für eine kurze Rast, je länger desto besser, um Ruhe aufzunehmen und zu geben.»

Charles Dickens (1812 – 1870)


Liebe Leserinnen und Leser
Liebe Freundinnen und Freunde von JuAr Basel
Liebe Alle

Das passt in die Adventszeit. Letzte Woche durften wir von JuAr Basel uns freuen. Angesichts dessen, dass wir nun mit einer Verlängerung unseres alten Leistungsauftrags ins nächste Jahr gehen  – anstatt mit einem neuen, wie es eigentlich sein sollte –, was für uns ein gewisses finanzielles Risiko darstellt und viel Vertrauen in unsere staatlichen Geldgeber fordert, haben wir die Nachricht natürlich gefeiert: Der Grosse Rat beschloss letzten Donnerstag, dass die Mittel für die Offene Kinder- und Jugendarbeit nun doch um 1.5 Millionen Franken erhöht werden, nicht um 400’000 Franken weniger, wie es noch bis vor Kurzem geheissen hat.

Wir danken allen Grossrätinnen und Grossrätin, allen politisch aktiven Kräften, die uns in dieser Sache unterstützt haben, von Herzen.

Prinzip Hoffnung

Dieser Beschluss gibt auch unserer Organisation Hoffnung. Denn unsere Angebote sind alle gut bis vollständig ausgelastet, wir haben Angebote, die wegen der (eigentlich erfreulich) vielen Jugendlichen, die da mit ganz unterschiedlichen Bedürfnissen, Anliegen, Interessen und soziokulturellen Hintergründen zu JuAr Basel kommen, personell massiv an ihre Grenzen stossen. Seit 20 Jahren arbeitet JuAr Basel – mehr oder weniger – mit demselben Personalschlüssel, während die Welt teurer geworden ist.

Unsere Löhne sind heute kaum mehr konkurrenzfähig, deshalb sorgen wir dafür, dass die JuAr Basel in anderen Belangen eine gute Arbeitgeberin ist und bleibt. Und wir vom Vorstand der Organisation sind unseren Mitarbeitenden unendlich dankbar dafür, dass sie bei so guter Stimmung derart imponierend innovativ arbeiten, dass sie sich nach Kräften – und manchmal sogar noch darüber hinaus – für die Jugendlichen einsetzen, die in unserer Stadt leben.

Handybildschirm als zweite Netzhaut

Auch unsere Organisation hat schon vor einiger Zeit erkannt, wie wichtig die Präsenz der Offenen Jugendarbeit im digitalen Universum ist. Die Kenntnisse – auch noch der neusten –Trends, die auf dem digitalen Feld wie Pilze auf Kuhhaufen spriessen, und viele Jugendliche blitzschnell in ihren Bann ziehen, sind für professionelle Jugendarbeitende in unserer Zeit unerlässlich.

Aber auch die digitale Jugendarbeit erfordert Mittel und Personal, die wir nicht haben, weil bis jetzt der politische Wille dafür fehlte. Das könnte sich nach dem Grossratsbeschluss nun ein wenig ändern.

Was ein bisschen seltsam ist, weil ja auch der Staat und seine Behörden, etwa die Schulen, digital aufrüsten. Aber auch weil der Handybildschirm die zweite Netzhaut unserer Jugendlichen geworden ist. Weil die Inhalte, die sie auf dem Netz finden, ihnen wie isolierte Brocken aus dem digitalen Universum entgegenfliegen, ohne Kontext, ohne Erklärung, alles in nie zuvor dagewesener Kenntnis der Kundschaft aufbereitet und serviert, gesteuert von Algorithmen, die ihren Kunden nie kontroverse Meinungen oder Weltbilder präsentieren, sondern immer nur Bestätigung, immer nur Zucker. Dazu kommen Lügen à discrétion, Betrugs- und Manipulationsmaschen sowie eklige Annäherungsversuche.

Die ultragrausamen Gewalt- und grenzüberschreitenden Pornobilder, die auf dem Netz lauern, und sich bei einigen Jugendlichen grosser Beliebtheit erfreuen, wollen wir hier nur am Rand erwähnen.

Das Aufwachsen einer ganzen Generation mit den extremen digitalen Möglichkeiten unserer Tage, die ganz schnell in diese Welt gekommen sind und sich noch schneller weiterentwickeln, ist eine gigantische Chance aber auch eine Herausforderung für unsere Gesellschaft, der wir jetzt begegnen müssen, weil es sonst zu spät ist.

Wir sind dazu verpflichtet, diese Inhalte, gerade mit den Jugendlichen zusammen, zu kontextualisieren, einzuordnen, kritisch zu bewerten. Das Abrutschen von Menschen, auch jungen Menschen, in die kalte digitale Isolation oder in ein virtuelles «Rabbit Hole», ist eine weitere – ganz reale – Gefahr. Dann, man vergesse es nie, das Gegenüber ist eine Maschine, auch die künstliche Intelligenz, das digitale Universum kann keine angemessene Heimat für die Menschenseele sein.

Wir bleiben bedürfnisorientiert

JuAr Basel ist bereit, sich der digitalen Welt zu stellen, mit Augenmass, demokratischer Gesinnung und ethischen Grundüberzeugungen, weil wir eben für bedürfnisorientierte Jugendarbeit stehen. Und Bedürfnisse sind nicht bloss Wünsche oder Träume, die in Erfüllung gehen, sondern sie äussern sich gerade auch in ganz realen Situationen, in Problemen und Nöten, in berechtigten Fragen an unsere Erwachsenenwelt, in diesen Bereichne bietet unsere Offene Jugendarbeit natürlich ebenfalls Hand.

Immer dort, wo es notwendig ist, auf die Bedürfnisse und Anliegen junger Menschen zu reagieren, mit Rat und Tat, Wissen und Mitteln, stehen unsere Angebote zur Verfügung, enge Schubladen und Kategorien sind unsere Sache nicht.

Nach Hause kommen

Doch nun stehen die Festtage vor der Tür. Ich hoffe, dass sie auch Ihnen eine gewisse Ruhe im Leben bescheren, denn die ist ganz wichtig, in unserer Welt der Dauerbeschleunigung. Deshalb habe ich diesem Artikel ein bekanntes Zitat des grossen Charles Dickens vorangestellt, das von weihnächtlicher Heimkehr spricht…

… Heimkehr; wissen Sie, vorgestern hatten wir abends eine wichtige JuAr Basel-Besprechung an der Thiersteinerallee, ganz hinten im Gundeli. Ich kam etwas zu früh an bei der Heiliggeistkirche. Daher beschloss ich, an die hinterste Güterstrasse zu laufen, wo das kleine Haus steht, in dem ich zehn Jahre lang gewohnt habe, zwischen meinen 20. Und meinem 30. Lebensjahr. Vor 28 Jahren bin ich hier ausgezogen, aus dieser kleinen Wohnung, Toilette auf dem Gang, Bad im Keller. Ich bin schon lange nicht mehr diesen Weg gegangen, der einst so ganz und gar vertraut, mir so gänzlich zu eigen war, doch an diesem dunklen und nassen Winterabend kam es mir plötzlich vor, als wäre das alles erst gestern gewesen.

Ich fühlte mich, als würde ich nach Hause kommen. Hier hat Alex gewohnt, hier Margrit, hier Markus, hier Leonie und Felix, dort drüben Marc, hier hatte Fritz seine Videothek. Sie alle sind seit Jahren weg, ausgezogen.

Und dann stand ich vor jener Tür, zu der ich keinen Schlüssel mehr im Hosensack habe, und dachte: dort oben, im ersten Stock, wohnt meine Jugend. Da lief mir ein kalter Schauer über den Rücken. Und meine Jugend wird für immer hier wohnen…

Die Heimat, liebe Leute, ist ein innerer Ort, der uns allen ganz alleine gehört, die wahre Heimat ist unsere innere Welt. Und JuAr Basel kümmert sich nicht nur um die äusseren Anliegen der Jugendlichen – sondern auch um jene innere Welt, in der der wahre Reichtum jeder Menschenseele wohnt.

In diesem Sinne wünsche ich Euch allen, wünsche ich Ihnen allen, frohe Festtage und einen guten Rutsch ins nächste Jahr.

Herzlich

One Love

Christian Platz, Präsident der JuAr Basel

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